Das 700. Todesjahr des berühmten italienischen Dichters Dante Alighieri wird mit einer Reihe von Konzerten, Ausstellungen und Lesungen in verschiedenen Städten der Emilia Romagna zelebriert. Man kann aber auch ebenso gut einfach nur auf Dantes Spuren wandern.
„Nel mezzo del cammin di nostra vita mi ritrovai per una selva oscura che la diritta via era smarrita.“ In Italien kennt fast jeder diese Verse. Mit ihnen beginnt die Divina Commedia, die ihren Autor Dante Alighieri zum wohl berühmtesten Dichter des europäischen Mittelalters machte. Die Göttliche Komödie gilt als Nonplusultra der italienischen Poesie und als eines der bedeutendsten Werke der Weltliteratur. Durch sie wurde das Italienische zur Literatursprache, sie hat das Denken und die Vorstellungswelt Europas mitgeformt.
Dabei ist die Lektüre keine leichte Kost. Dantes Trilogie, eine Jenseitsreise vom Inferno bis in die himmlischen Sphären, beginnt nämlich in der Hölle, bzw. mit der Wegbeschreibung dorthin. Und die berühmte Inschrift über dem Tor „Die ihr eintretet lasst alle Hoffnung fahren“ klingt nicht gerade verlockend. Trotzdem: Wer sich heute zu Fuß auf die Spuren des Dichters begibt, erlebt etwas anderes. Il Cammino di Dante (Dantes Weg) ist ein herrlicher, real existierender Spaziergang, der zu den zahlreichen Pilgerwegen in der Emilia Romagna zählt und weit entfernt von asphaltierten Straßen auf alten Kammwegen aus etruskisch-römischer Zeit verläuft. Er führt weder in die Hölle noch in den Himmel, sondern folgt einer Route, die an einigen der schönsten Dörfern Italiens vorbei führt, darunter Brisighella, Portico di Romagna, Dovadola und San Benedetto in Alpe. Es ist der Weg, den Dante Alighieri wahrscheinlich Anfang des XII. Jahrhunderts von Florenz nach Ravenna zurücklegte, also von seinem Geburtsort zur Stadt, in der er 1321, in der Nacht vom 13. auf den 14. September mit vermutlich 56 Jahren an einer Malaria-Infektion gestorben ist.
Anlässlich seines 700. Todestags im kommenden Jahr wurde ein Kalender mit weit über 100 kulturellen Events zusammengestellt, die zwischen Ravenna und Forlì stattfinden und zu vielen weiteren Dante-Orten führen. Den Auftakt machten die Feierlichkeiten am Dante-Grab in Ravenna, einem Tempelchen, das von den Einheimischen wegen seiner abgerundeten Form und weißen Farbe liebevoll „zuccheriera“ (Zuckerdose) genannt wird und das den Sarkophag mit den Überresten der mutmaßlichen Gebeine des Dichters enthält. Die Gedenkstätte wurde sorgfältig restauriert und Anfang September im Beisein von Sergio Mattarella, dem Präsidenten der Italienischen Republik, eingeweiht. Seitdem wird dort täglich um 17 Uhr ein Kapitel aus der Göttlichen Komödie vorgelesen (meist auf Italienisch) und auf der Facebook-Seite von Ravenna Cultura übertragen – ein Live-Literaturerlebnis mit Seltenheitswert.
Nur ein paar Schritte weiter befindet sich das Museo Dantesco. Das vor rund 100 Jahren anlässlich des 600. Todestag des Dichters eröffnete und pünktlich zum aktuellen Jubiläum vollständig neugestaltete Museum residiert in einem zauberhaften Franziskanerkloster und bietet einen umfassenden Einblick in das Leben und Schaffen Dante Alighieris. Auch wenn dieser ursprünglich aus Florenz stammte, hat das Museum durchaus seine Berechtigung, denn Dante verbrachte seinen Lebensabend in Ravenna. Im Museum ist zu erfahren, weshalb er seine Heimatstadt verließ und auch weitere Anekdoten aus dem bewegten Leben des Dichters werden anschaulich nacherzählt. Bildliche Darstellungen in Form von Büsten, Gemälden und Skulpturen zeigen, wie Dante ausgesehen haben könnte, Videos und interaktive Multimediapräsentationen bringen eine moderne Komponente in die historische Thematik. Ganz neu (geplante Eröffnung: Frühjahr 2021) ist dagegen Casa Dante, ein dem Dichter gewidmetes, multifunktionelles Gebäude mit Innenhof und Garten, Buchhandlung, Designabteilung und einer Gemäldeausstellung, die um das Dante-Thema kreist.
Unter dem Namen Viva Dante-Ravenna 2020/2021 sind verschiedene Dante-Events zusammengefasst – in Planung sind eine umfangreiche Auswahl an Lesungen, Ausstellungen, Performances sowie didaktischer und wissenschaftlicher Workshops. Die Universität von Bologna beteiligt sich mit dem Dantedì (Dante-Tag), in dessen Rahmen eine nationale Literaturveranstaltung um Dante und die zeitgenössische Dichtung stattfinden wird, sowie ein internationaler Kongress mit der Beteiligung von Dante-Experten aus aller Welt. Bereits fest stehen auch die Weltpremiere des Balletts Trilogia d'Autunno mit Weltstar Sergei Polunin und die Eröffnung der Ausstellung „Un'epopea pop“ im MAR (Museo d'Arte della Città di Ravenna) mit Ausstellungsstücken, die Dantes Erbe in vielen kulturellen Bereichen der Jetztzeit belegen. Abgeschlossen werden die Feierlichkeiten des Dante-Jahres am 12. September 2021 mit einem Konzert unter der Leitung von Riccardo Muti.
Doch die vielen Möglichkeiten, auf den Spuren des 1265 geborenen und schon zu Lebzeiten populären Dichters zu wandeln, bleiben auch über dieses Datum hinaus erhalten. Dante, der wie Madonna nur beim Vornamen genannt wird und als Weltstar aus dem Mittelalter gilt, scheint gut zu Fuß gewesen zu sein. Jedenfalls umfasst das touristische Angebot der Dante-Straßen (Le Vie di Dante) sieben Gemeinden, darunter Florenz, Faenza und Ravenna. Der Besuch dieser Orte wird zu einem einzigartigen Reiseerlebnis, das an alten Palästen, romanischen Kirchen, kleinen Dörfern, Museen und Bibliotheken, Handwerksbetrieben und unberührten Naturlandschaften vorbeiführt. Man kann in einen kleinen Zug steigen, der Faenza über Marradi mit Florenz verbindet, mit dem Fahrrad entlang der alten Via Faentina fahren oder eine der vielen Trekkingrouten zwischen den Provinzen Ravenna und Florenz erkunden und dabei Denkmäler, Traditionen sowie die kulinarischen Spezialitäten der Region und dessen Weine kennen lernen. Dantes Höllentor ist dann ganz weit weg.
Weitere Infos unter: https://vivadante.it/ / www.camminiemiliaromagna.it / www.emiliaromagnaturismo.it
Weitere Auskünfte
Susanne Knobloch
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