Es ist eine Gratwanderung: Für die Umwelt wäre es am besten, wenn niemand reisen würde. Zugleich sind Reiselust und Freude an Erholung in der Natur Teil des modernen Lebens. Doch Tourismus kann zum Schutz von Landschaft und Umwelt beitragen, ihn sogar befördern - auch in schwierigen Zeiten, wenn sich die Branche den Herausforderungen der Klimakrise und hoher Inflation stellen muss. Christopher Gruber, Geschäftsführer der NLW-Tourismus Marketing GmbH mit Nassfeld-Pressegger See, Lesachtal und Weissensee, erklärt im Interview, wie im größten Skigebiet Kärntens die Wende zum nachhaltigen und bezahlbaren Wintersport gelingt.
Wie teuer wird der Skipass in diesem Winter? Wie wirken sich stark gestiegene Energiepreise und höhere Kosten fürs Betreiben von Seilbahnen, Liftanlagen und Beschneiungsanlagen aus?
Die Preissteigerung bei den Skipässen liegt zwischen 6 und 8,5 Prozent. Diese Erhöhungen decken jedoch nicht die allgemeine Inflation sowie die enorm gestiegenen Energiekosten ab. Die Differenz geht zu Lasten der Seilbahnunternehmen. Dass diese die verbleibenden Mehrkosten abfedern, soll auch ein Signal dafür sein, dass Seilbahnunternehmen und SkifahrerInnen in einer schwierigen Zeit Partner sind.
Ist die Nutzung von Seilbahnen und technisch beschneiter Pisten vor dem Hintergrund hohen Energieverbrauchs und der damit verbundenen Umweltbelastung noch zu verantworten?
Die Seilbahnen und Lifte sowie die Beschneiungsanlagen am Nassfeld werden schon seit vielen Jahren zu 100% mit Ökostrom bzw. mit erneuerbarer Energie betrieben. Diverse Einsparungsmaßnahmen beim Energieverbrauch – aus Verantwortung gegenüber der Umwelt, aber auch aus wirtschaftlicher Notwendigkeit – greifen zusätzlich. Beim technisch erzeugten Schnee handelt es sich übrigens um ein reines Wasser-Luft Gemisch, das aus den Schneeerzeugern mit Hochdruck versprüht und zerstäubt wird, ohne künstlichen Zusatz.
Neben der ökologischen Verantwortung muss man auch die Verantwortung gegenüber der Bevölkerung und den Arbeitskräften in der Region sehen. Nachhaltig leben bedeutet auch, sozial verantwortlich zu handeln. Rund 800 Beherbergungsbetriebe, Freizeitanbieter, Gastronomie- und Handelsbetriebe leben direkt vom Tourismus. Hinzu kommen Lieferanten, Handwerks- und Produktionsbetriebe die indirekt auch vom Tourismus leben und zum Teil von ihm abhängen. Insgesamt betrifft dies bei uns rund 1.300 Familien, die dem Wintersport ihren Arbeits- und Lebensplatz in der Region verdanken. Somit trägt der Wintertourismus maßgeblich zur Wertschöpfung und zur Sicherung der Arbeitsplätze in der Region bei. Was würde mit diesen Menschen passieren, wenn es den Motor Skigebiet nicht mehr gäbe?
Aus welchen Quellen stammt der Strom für Seilbahnen und Beschneiungsanlagen in Ihrer Region?
Der Strom zum Betrieb des Skigebietes kommt zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen. Wir arbeiten mit dem regionalen Kärntner Stromanbieter KELAG zusammen. Im Detail sieht der Mix so aus: 88 Prozent stammen aus Wasserkraft, 8 Prozent aus Windkraft, 1,5 Prozent aus Sonnenenergie, ein Prozent aus Ökoenergie wie Biogas und 1,5 Prozent aus fester oder flüssiger Biomasse.
Mit welchen Maßnahmen verringern Sie den Energieverbrauch von Seilbahnen und Liftanlagen?
Wir haben in den vergangenen Jahren bereits in stromsparende bzw. energieeffiziente Technik investiert und konnten dadurch rund 20 Prozent an Energie einsparen. So haben wir alte Schneemaschinen durch die neueste Generation ersetzt, was eine Energieeinsparung von 20 Prozent bei 30 Prozent mehr Leistung bedeutet. Zudem haben wir ein GPS-System in den Pistengeräten zur Schneehöhenmessung, was eine energieeffiziente Pistenpräparierung ermöglicht.
Keine Einschränkungen soll es beim Pistenkomfort für die SkifahrerInnen geben. Wegen der Energiekrise, aufgrund der Partnerschaft mit allen Betroffenen, aber auch aus wirtschaftlicher Notwendigkeit arbeiten wir weiter an der Effizienz des Energieeinsatzes und somit an einer Reduzierung des Energieaufwands.
Wie groß ist der ökologische Fußabdruck eines Skifahrers pro Skitag?
In einer Untersuchung der Wirtschaftskammer Österreich wurde festgestellt, dass der Gesamtenergieverbrauch eines Skifahrers pro Tag 18 Kilowattstunden beträgt! Zum Vergleich: Der Flug einer Person von Wien nach Mallorca kostet 540 Kilowattstunden, bei einer Stunde Autofahrt verbraucht man 54 Kilowattstunden.
Wie nachhaltig kann Wintersport sein? Welche Maßnahmen ergreifen Sie insgesamt für Umwelt- und Klimaschutz?
Unsere Region wurde für die bereits erfolgten, beispielhaften Maßnahmen und für die weiteren geplanten Schritte zur CO2-Reduktion vom Klimaministerium und dem Österreichischen Klimafonds als „Nachhaltigste Region Österreichs“ ausgezeichnet. Zu unseren Trümpfen zählten und zählen die Steigerung der Energieeffizienz, die Gründung von Energiegemeinschaften, die Installation von Photovoltaik- sowie Windenergie-Anlagen, Prozessoptimierung und Monitoring zur weiteren Energieeinsparung sowie das Energiesparen durch Intelligentes Schneemanagement. Zudem fördern wir die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln und optimieren das Mobilitätsangebot in der Region. Spielen alle diese Faktoren wie bei uns zusammen, kann man sicher sagen: Ja, umweltverträglicher Wintersport ist möglich.
Mehr Informationen unter: www.nassfeld.at/skihaltig
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Weitere Auskünfte
Susanne Knobloch
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